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  • Stephanie-Th. Schweiger-Rintelen

Die kleine Marie und das Schicksal - eine spirituelle Gutenachtgeschichte


Als meine Tochter mich kürzlich um eine Gutenachtgeschichte bat, entspann sich die Folgende in meinem Kopf:

Es war einmal ein kleines Mädchen namens Marie. Es lebte mit seinen Eltern in einem Haus, das von einem wunderschönen, uneinsehbaren Garten am Rand eines dichten Waldes umgeben war. Eines Tages, als es so auf seinem Lieblings-Baumstumpf im Garten saß, war ihm, als ob es ein Glöckchen hatte läuten hören. Es folgte dem zarten Klang, der von der an den Wald grenzenden Hecke zu kommen schien. Und als es nachsehen wollte, woher das Läuten ganz genau kam, tat sich vor ihm wie durch Zauberhand die Hecke auf: Gräser, Moos und Farne wichen zur Seite und gaben den Weg frei.

Marie durchschritt die Hecke und obwohl ihr ganz angst und bang war, überwog doch die Neugier, wohin der Weg führen mochte. Marie fühlte, dass ihr in dem Wald keine Gefahr drohte. Rundum war es mucksmäuschenstill. Auf einer nahen Lichtung ästen Rehe und sahen sich zu Marie um. Doch schienen sie keinerlei Angst vor ihr zu haben und blieben vielmehr ganz ruhig stehen. Hasen hoppelten vorüber und schienen kaum Notiz von Marie zu nehmen.

Da drang wieder der zarte Klang des Glöckchens an ihr Ohr. Doch als sie sich umsah, entdeckte sie Elfen und Feen, die über den Waldboden hinweg schwebten und tanzten. Es war das Lachen der Elfen und Feen, das wie Glöckchenläuten klang.

Marie ging weiter. Bald hatte sie den Waldrand erreicht und vor ihr tat sich ein weites Tal mit sattgrünen Hügeln und Blumenwiesen auf. Überall standen bunte Häuschen. Von einem der Häuschen fühlte sie sich magisch angezogen.

Sie klopfte an die Holztür und wurde hereingebeten. Die Stimme, die aus dem Haus kam war mindestens so knarzig wie die Türangel, die offenbar schon lange niemand mehr geölt hatte. Marie trat ein und fand sich in einer dunklen Kammer wieder durch deren einziges Fenster goldenes Licht fiel, das die alte Frau streifte, die in einer Ecke am Spinnrad saß und scheinbar Goldfäden spann.

Die Alte sprach das Mädchen an: "Wie schön, dass du den Weg hierher gefunden hast, Marie!". "Woher kennst du meinen Namen?", fragte das verdutzte Kind.

"Ich bin das Schicksal, Marie. Ich kenne jeden." "Was tust du hier?" wollte Marie wissen. "Ich spinne. Ich spinne die Fäden des Schicksals, mein Kind." "Oh wie schön!" rief Marie begeistert. "Sie sind ja aus purem Gold. Und wie sie in der Sonne leuchten!". "Ja, Marie." entgegnete die Alte. "Es sind die Fäden deines Schicksals, die ich hier spinne. Und weil sie dir gülden erscheinen, wird genau das auch dein Schicksal sein. Strahlend und gülden." "Aber sie sind doch gold, nicht wahr?" fragte Marie verwirrt. "Ja, meine Liebe. Für dich. Andere Menschen sehen anstelle des Goldes schwere Eisenketten. Und so bestimmt jeder sein Schicksal. Denn es liegt im Auge des Betrachters."

"Warum bin ich hier?" fragte Marie. "Weil du es wissen wolltest. Du hast in deinem Traum letzte Nacht danach gefragt, wer das Schicksal der Menschen bestimmt." "Oh!" entgegnete Marie, die das alles gar nicht glauben konnte.

"Heißt das, ich kann jetzt gehen?" "Natürlich heißt es das, mein Kind. Dein freier Wille hat dich hierher geführt. Ich möchte dir noch etwas mit geben, als Erinnerung an unsere Begegnung." Die Alte band Marie ein goldendes Band um das Handgelenk.

"Danke!" hauchte Marie, die fasziniert ihr Armband drehte und bestaunte. "Und auf Wiedersehen!". "Ob wir einander wiedersehen weiß ich nicht, meine Kleine. Aber denke immer daran: Du bestimmst selbst, ob du mit Freude und Leichtigkeit lebst oder dich in Ketten gelegt fühlst. Erfreue dich an allem Schönen und es wird dir wieder begegnen. Und jetzt danke ich dir für deinen Besuch. Die Waldbewohner werden dich sicher nach Hause geleiten. Adieu."

Marie schreckte hoch, als sie ein Geräusch vernahm. "Marie! Die Suppe ist fertig!". Es war Mama, die Marie zu Tisch rief. Sie musste eingenickt sein. Komisch. Mitten am helllichten Tag war das Marie auch noch nie passiert. Sie nahm die Weste, auf der sie gesessen hatte vom Baumstumpf und als sie sie überziehen wollte, fiel ihr Blick auf das goldene Armband. Da erinnerte sie sich wieder an die alte Frau, das Spinnrad und den seltsamen Traum. Oder war das alles wirklich passiert?

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