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  • Stephanie Schweiger-Rintelen

Krisen-Erkenntnisse

Aktualisiert: 14. Jan. 2021

Spannend, was die letzten Wochen an inneren Prozessen und Verhaltensänderungen bei mir bewirkt haben und welche Erkenntnisse damit einhergehen. Wie geht es euch damit? Ich finde diese spezielle Zeit insofern spannend, als die Klausur unvorhergesehene Überlegungen, Prioritäten und Lösungen sozusagen als Nebenwirkungen produziert. Im Privaten habe ich erfahren, dass Jesper Juuls "kompetentes Kind" sehr viel mehr als eine Sammlung schöner Worte ist. Ich durfte lernen, dass Vertrauen in die Kompetenzen aller Beteiligten des Systems Familie viel Selbstwert, Ruhe und Freude mit sich bringt. Dass der Stress raus ist, wenn ich aufhöre, alles moderieren, kontrollieren und in der Hand haben zu wollen. Dass meine Kinder unglaublich selbstorganisiert, verlässlich und weise sind.


Außerhalb der Familie enstehen dieser Tage neue Lösungen der beruflichen Kommunikation, Interaktion und Projektumsetzung. Die ersten Erfahrungen zeigten mir, dass Meetings auch über Videotelefonie einwandfrei funktionieren und die Effizienz der Arbeit in keiner Weise leidet, nur weil die Anwesenheitspflicht an einem bestimmten Betriebsstandort derzeit nicht gegeben ist. Vielleicht nehmen wir aus diesen Erfahrungen einige Erkenntnisse in die Zukunft mit. Wie zum Beispiel, dass ein teilweises von Hause zu arbeiten inklusive mancher Besprechung über Zoom, Hangouts und Co. Zeit, Ressourcen und Wege spart und zu mehr Flexibilität im Arbeitsleben führt, wovon überdies die Umwelt profitiert. Keineswegs statt der bisherigen Rahmenbedingungen, lediglich ergänzend zu selbigen. So dass künftig, wenn es Sinn macht, mit einem kränkelnden Kind zu Hause zu bleiben denkbar wird, via Skype, Zoom der Hangouts am Meeting teilzuhaben.


Ja und dann wären da noch die neuen, inneren Freiheiten, die die Unfreiheit auf den Plan gerufen hat. In meinem Fall die Befreiung von der Selbstverständlichkeit des Konsumierens. Ja, ich habe entdeckt, dass ich einiges besitze, das ich zwar selbst nicht mehr brauche, das aber anderen Freude bereitet und umgekehrt, dass andere Dinge ihr eigen nennen, für die sie keine Verwendung mehr haben und die wiederum mir Freude bereiten. Dank diverser Online-Marktplattformen reduzieren wir Müll, die Dinge werden weiterverwendet und alles bleibt im Fluss.


Auch fallen die Geburtstage der Kinder in diese Zeit der Quarantäne, wodurch heuer automatisch das eigentlich fast schon obligate Fest mit allen Freunden, zahllosen Geschenken, Reizüberflutung und Zuckerschock ausbleiben. Juhuu!!! Es gibt von uns Eltern ein nachhaltiges, aus einem nachwachsenden Rohstoff produziertes Gemeinschaftsgeschenk und auch die Großeltern überlegen recht genau, womit sie das zur Post zu bringende Paket befüllen. So entspannt und ruhig war es im Frühjahr rund um Ostern und die Kindergeburtstage bei uns seit Jahren nicht mehr. So versonnen haben unsere Kinder noch nie zusammen gespielt und so lang hatten sie bisher nie Freude an ihren Geschenken.


Nein, niemand hat mich bisher dazu gezwungen, Kindergeburtstagsfeiern zu organisieren, unter den Schenkenden zu koordinieren, wer welche Gabe darbringt und keiner hat mich genötigt, die Torte des Vorjahres zu toppen. Und doch hab ich diesbezüglich einen gewissen, selbstauferlegten Druck empfunden, der heuer komplett wegfällt. Und vielleicht gerade weil ich diese Klarheit aus jeder Pore ausstrahle, dass es heuer einfach keine Riesen-Fantasietorten, Parties mit Animation und Kinderschminken etc. geben wird, gibt es auch keine Nachfrage. Ich finde faszinierend, wie meine konsumfreudige 7jährige Tochter plötzlich ohne all das Mehr und Noch und Dasunbedingtsonst auskommt und offensichtlich keinen Mangel leidet sondern vielmehr entspannt, bei sich und glücklich wirkt.


Gestern hörte ich sie sagen: Was für ein schöner Tag! Ich liege in der Sonne, mein Bruder pritschelt mit seinem Wasserpark und wenn ich die Augen zumache, fühlt es sich an, als ob ich am Strand liege.

Wir haben den unglaublichen Luxus eines Gartens, für den ich sehr dankbar bin. Schön finde ich, dass ihn offenbar auch die Kinder bewusst genießen.


Was mich diese Krise lehrt: Je weniger Zeit ich mit Terminen, Logistik und dem damit Beschäftigtsein, was ich noch alle zu erledigen habe verbringe, umso klarer wird mir, was ich wirklich will und wie wenig ich eigentlich brauche. Umso mehr gelingt mir auch, Momente wirklich zu genießen. Eine Sonnenstunde im Garten bei Vogelgezwitscher, beim Kuscheln mit den Kindern. Beim Zuhören, wenn sie mir mit leuchtenden Augen berichten, was sie gesehen, gehört oder sich gerade ausgedacht haben. Dank der Krise habe ich meine Kinder auf völlig neue Weise, viel intensiver und von ungeahnten Seiten kennengelernt. Und ja, manchmal ist es mir zuviel und ich sehne mich nach etwas Zeit für mich. Aber die kommt ja wieder. Alles zu seiner Zeit. Momentan staune ich einfach über die Möglichkeiten, die solch eine Zeit der Reduktion mit sich bringt. Euch allen eine gute Zeit!

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